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Wie man Beachtung und Anerkennung findet
(Freiburg, Herder, Neubearbeitung des 2001 erschienenen Titels, „Taschenbuch des Monats“ April 2005, ISBN 3 451 05578 3)

Korean. Übs.: Seoul, Myung Jin Publication 2006, ISBN 89 7677 228 8

Kurzbeschreibung

Beachtung - macht uns zu dem, was wir sind. Wie Beachtung wirkt, wie man sie erhält und aktiv einsetzt - mit vielen Beispielen. (Quelle: amazon.de)

Leseprobe

Jeder Mensch hat sein ganz spezielles Licht. Dieses Licht ungetrübt durchscheinen zu lassen, so dass es die anderen sehen können, ist der Wunsch, den ich für Sie mit der Lektüre dieses Buches verbinde. Wenn Sie bis hierhin gelangt sind, dann kennen Sie sich recht gut aus, wie Sie Beachtung auf sich ziehen, schenken, aufnehmen und austauschen. Wird Ihnen dieses Wissen weiterhelfen?

Letztlich haben Sie alles, was Sie für einen gelungenen Austausch brauchen, bereits in sich angelegt. Beachtung ist eine Einladung, sich selbst besser kennen zu lernen. Und dies führt automatisch dazu, dass Sie andere besser wahrnehmen, erfassen und verstehen. Jeder Mensch ist fähig dazu, weil Sehen und Gesehen-Werden zu unserer Grundausstattung gehören.

Ein gelungener Beachtungsaustausch gründet auf Selbstvertrauen und auf Selbstbewusstsein. Wenn ich mich selbst achte und an meine eigenen Kräfte glaube, werde ich auch für andere „ein freundlicher Ort“. Diese beiden Kraftfelder sind nicht voneinander zu trennen oder in ein psychologisches Nacheinander oder Schritt-für-Schritt aufzulösen. Sehen und Gesehen-Werden ist keine soziale Trockenübung, sondern eine wechselseitige Erfahrung, die uns in der Selbstachtung ebenso wie in der Achtung für andere fordert und fördert. Indem Sie sich selbst achten, werden Sie sich auch in andere einfühlen.

Da unsere Welt eine Arena ist, in der um Beachtung gekämpft wird, ist es schwierig, Beachtung unbefangen und neidlos willkommen zu heißen und sie großzügig zu verteilen. Die Tatsache, dass aber gerade diese Großzügigkeit heute angesagt ist, zeigt sich in der vielbeklagten Misere, die mit den Begriffen „Herzlosigkeit“ und „Gleichgültigkeit“ immer wieder zur Sprache gebracht wird. Es ist also alles andere als zufällig, dass die Beachtung gerade in unserer Zeit so stark in den Vordergrund rückt. In der Beachtung endet die moralische Autonomie des Individuums.

Denn ein Leben lang denken wir an den Lehrer, der uns durch seine geduldige Beachtung Ermutigung schenkte und dadurch den Weg ebnete, an den Brief eines Freundes, der uns vermittelt: „Ich erkenne dich!“, und an den Menschen, der einem eine Nische zur Verfügung stellt, in der man sich gesehen fühlt. Diese Gesten wirken nachhaltig, vermenschlichen die Welt und bringen Wärme und Herzlichkeit ins Alltagsgrau.

Beachtung führt uns in der Hinwendung zum anderen über uns selbst hinaus, sie bewirkt eine Weitung des Herzens und stärkt das Leben in uns und um uns. Manchmal werden wir gestärkt, weil andere unsere Beachtung brauchen, und weil sie ihnen etwas bedeutet. Ein anderes Mal erleben wir, wie wir Beachtung geschenkt bekommen einfach für das, was wir sind. Beachtung hat weit mehr damit zu tun, wer wir sind, als was wir wissen. Dazu gehören die eigenen Begrenzungen, die mein Mitgefühl für andere ermöglichen; die erlittenen Wunden, die mich für die Verletzungen anderer sensibilisieren, und die erfahrene Einsamkeit, die mich für die Einsamkeit anderer wach hält. Beachtung braucht die von Herzen kommenden Gesten, die zeigen: „Ich sehe dich“. Erst sie stiften das, was jeder benötigt: Wertschätzung, Zugehörigkeit, Entgegenkommen und Fürsorge. Beachtung entscheidet über die Härte der Grenze zwischen mir und den anderen, über das Ausmaß meiner Ängste und die Wärme meiner Seele. Gewiss ist sie nicht das einzige Element für die Bildung von Gemeinschaft, aber sie ist notwendig für eine Gesellschaft, in der man ein Herz füreinander hat.

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